Man musste schon ziemlich früh aufstehen, um von Mitteleuropa aus die totale Mondfinsternis am Montag, den 16. Mai 2022 um 03:30 MESZ beobachten zu können. Zum Glück spielte zumindest in Norddeutschland das Wetter mit. Leider war das frühe Aufstehen nicht die einzige Herausforderung. Denn im östlichen Mitteleuropa, Deutschland eingeschlossen, gab es noch ein weiteres klitzekleines Problemchen…
Das Zustandekommen einer Mondfinsternis
Eine totale Mondfinsternis entsteht, wenn der Mond zur Vollmondphase hinter der Erde komplett in ihren Erdschatten eintritt. Damit das funktioniert, muss der Mond selbst in der Nähe der Ekliptik, also der Umlaufebene der Erde um die Sonne, stehen. Da aber die Mondbahn gegenüber der Ekliptik um ca. 10 Grad geneigt ist, kommt dieses Szenario relativ selten vor – ansonsten hätten wir ja bei jedem Vollmond eine Mondfinsternis! Geometrisch gesehen stehen also bei einer totalen Mondfinsternis Mond, Erde und Sonne in einer Reihe und der Mond muss nahe genug zur Erde stehen, damit ihr Kernschatten ihn noch überdecken kann.
Die Phasen einer totalen Mondfinsternis
Eine totale Mondfinsternis läuft in mehreren Phasen ab. Zunächst befindet sich der Mond in seiner Vollmondphase noch außerhalb des Erdschattens. Dann durchläuft er den Halbschatten der Erde, welcher den Mond nur geringfügig abdunkelt.
Anschließend tritt er in den dunklen Kernschattenbereich der Erde. Nun ist ein deutlicher Schattenwurf auf der Mondoberfläche zu erkennen, man erkennt im Schattenverlauf deutlich die gekrümmte Kugelgestalt der Erde.
Das Finale – der ‚Blutmond‘
Schließlich nimmt der Kernschatten die gesamte Mondoberfläche ein. Ein Beobachter, der sich auf dem Mond auf der erdzugewandten Mondseite befände, würde nun feststellen, dass die Erde nun komplett die Sonne verdeckt. Das einzige Sonnenlicht, das die Mondoberfläche noch erreicht, ist das seitlich in der Erdatmosphäre gebrochene, vornehmlich in rötlichem Farbton reduzierte Licht, das vom Mond aus gesehen ringförmig die Erde umgibt und die Mondoberfläche in einem rötlichen Licht erglimmen lässt. Dieses Licht wird von der Mondoberfläche reflektiert und auch vom Beobachter auf der Erde wahrgenommen – der Vollmond erstrahlt nun als ‚Blutmond‘ am Himmel, solange er noch komplett vom Erdschatten verdeckt wird. Danach tritt er langsam wieder aus dem Kernschatten und schließlich aus dem Halbschatten heraus.
Die Mondfinsternis bei uns
In Deutschland und in den östlichen Bereichen Mitteleuropas stand der Mond zu beginn der Halbschattenphase um 03:30 MESZ bereits tief im Westen. Etwa eine Stunde später um 04:30, als der Eintritt in den Kernschatten erfolgte, näherte sich der Mond bereits der südwestlichen Hörizontline; er stand an diesem Tag vor dem Sternbild Waage. Leider war es so, dass der Mond gegen 05:15 in den Dunstschichten der Atmosphäre versank und dann unter den Horizont wanderte, so dass der Beginn der totalen Phase gegen 05:30 MESZ nicht mehr beobachtet werden konnte. Schade!
Doch die gescholtene Horizontnähe einer Mondfinsternis hat auch einen gewissen Vorteil: Man kann den Mond während des Eintritts in den Kernschatten gemeinsam mit einem interessanten Horizontvordergrund fotografieren; außerdem verfärbt sich der Mond ebenfalls leicht rötlich – hervorgerufen durch eben die Horizontnähe. Auch die Übergänge vom Halbschatten zum Kernschatten lassen sich gut beobachten und fotografieren – für einen mit allen Wassern gewaschenen Hobbyastronomen ist eine totale Mondfinsternis auch trotz der abhanden gekommenen totalen MoFi-Phase ein aufregendes Himmelsschauspiel!