Obwohl es am Freitag, den 10. Juli, tagsüber recht wolkig und stürmisch war, wollte ich an diesem Abend nach mehreren Wochen der Astro-Abstinenz endlich wieder eine Beobachtung zu wagen. Und ich war nicht der Einzige mit Deep-Sky – Entzugserscheinungen!
Das Wochende stand vor der Tür und der Wetterbericht versprach eine wolkenlose Nacht. Zudem war bald Neumond und Mondaufgang erst gegen 02:00 nachts – zu einer Uhrzeit um Frühsommer, wo es sowieso langsam wieder beginnt, am Nordosthorizont zu dämmern. Wir hatten also quasi ganze kurze Sommernacht, um in die Sterne zu schauen. Also Equipment zusammenpacken und nichts wie los!
Gegen 21:30 traf ich am Beobachtungsplatz ein, wo bereits einige ASL-Mitglieder der Lübecker Sternwarte ihre Teleskope aufbauten auf die Dunkelheit warteten. Die Wolken verschwanden und der Himmel wurde nun klar; auch der Wind legte sich – so, alsob Mutter Natur uns Astrofreaks heute Nacht nicht enttäuschen wollte.
Der Masterplan
Ich selbst wollte mir das Sommersternbild Schütze vornehmen; denn hier galt es ein hochaktuelles Objekt aufzufinden. Am kommenden Dienstag, den 14. Juli, wird die erste irdische Sonde namens New Horizon nach neunjährigem Anreise das Pluto-System durchfliegen und hoffentlich die allerersten Nahaufnahmen der Oberflächen von von Pluto, Charon und vielleicht seinen anderen Möndchen zur Erde funken. Aber kann man überhaupt mit meinem Einsteiger-Teleskop von 150mm Durchmesser und aufgehelltem Himmel den Planeten fotografieren? Rein visuell sind mindestens 250mm erforderlich, da ist mit meiner bescheidenen Optik eigentlich nichts zu machen.
Und ein prominentes Deep-Sky- Objekt sollte auch noch abgelichtet werden: Der Adlernebel M16 mit seinen berühmten ‚Säulen der Schöpfung‘. Es steht ebenfalls im Schützen; jedoch relativ hoch über dem Horizont, so dass eine längere Beobachtung möglich ist.
Die Venus
So warteten wir ungeduldig auf die Dunkelheit. Das erste Objekt, was aus dem Himmelsblau heraustrat, war die Venus. Sie bot eine interessante Ansicht; denn man konnte sie als ‚Halbvenus‘ im Teleskop gut ausmachen. Kurz nach Sonnenuntergang verschwand sie unter dem Westhorizont.
Nachtleuchtende Wolken!
Was nun folgte, war für uns eine totale Überraschung: Etwa gegen 23:00 erkannten wir – weit nach Westen reichend und sogar über den Zenit hinaus – bläulich-silbrige Nachtlechtende Wolken (NLCs)! So weitab vom Nordhorizont entfernt habe ich sie noch nie gesehen. Diese filigranen Strukturen! Einfach faszinierend. Und sie blieben uns treu; wir konnten die ganze Nacht über beobachten, wenngleich sie sich nach Mitternacht auf ihr Stammgebiet über dem Norhorizont zurückzogen.
Wo ist Pluto?
Nachdem ich mein Teleskop kalibriert hatte, begann ich gegen 23:30 mit meiner Jagd auf Pluto. Meine GoTo kannte zum Glück den Planeten und so schwenkte mein Teleskop automatisch auf ein Gebiet im nördlichen Schützen. Ich fertigte mehr als ein halbes Dutzend Belichtungen mit jeweils 70 Sekunden an; in der Hoffnung beim späteren Stacking der Bilder den Planeten als winziges Lichtpünktchen ausmachen zu können.
Ein prominenter Nebel im Schützen
Gegen 00:30 ging es langsam auf die dunkelste Phase der Nacht zu und ich nahm mein erstes DeepSky-Objekt dieser Sommersaison aufs Korn: Den Adlernebel (Messier 16, NGC 6611). Er stand zwar recht weit im Süden; hatte zur Kulminationszeit jedoch eine respektable Horizonthöhe erreicht. Schnell noch den Autoguider angeschlossen, kalibriert und los ging der Reigen. Ich fertigte vier brauchbare Einzelaufnahmen zu fünf Minuten an (eine längere Belichtungszeit war wegen der Resthelligkeit nicht drin). Aus dem bläulichen Himmelshintergrund schälten sich nicht nur die 7000 Lichtjahre entfernten Säulen der Schöpfung des Adlernebels im roten Hα-Licht heraus, sondern auch die umgebenden, schwach leuchtenden Gasschwaden. Ein wahrhaft gigantisches Sternentstehungsgebiet!
Ausklang
Gegen 2:00 kamen schließlich Wolken auf und wir beendeten unsere Beobachtung zumal in der nächsten halben Stunde es wieder zu dämmern anfangen sollte.
Auch der abnehmende Mond erhob sich langsam über den Nordosthorizont – und bot sich als letztes Foto dieser Nacht an.
Alles in allem ein wahrhaftiger Sommernachtstraum!