Am Abend des 8. März gab es endlich wieder einen sternklaren, mondlosen Wochenendhimmel. Kalt, aber nicht zu frostig und wenig Wind – optimale Beobachtungsbedingungen für Hobbyastronomen. Also: Auf zum Astroplatz nach Sierksrade! Hier nun eine ausführliche Beschreibung des Beobachtungsabends.
Ankunft
Als ich am Beobachtungsplatz eintraf, wunderte ich mich zunächst darüber, dass es hier oben weniger windig war als bei uns zu Hause, obwohl es hier nicht viel gibt, was den Wind fernhalten würde. Aber egal – es wurde dankend angenommen!
Gegen 18:00 war die Sonne gerade am Untergehen. Zeit genug also, das obligatorische Sonnenuntergangsfoto zu schießen und das Astro-Equipment aufzubauen. Heute sollte der 6-Zoll Mead LXD75 Schmidt-Newton das erste Mal am Astroplatz ausprobiert werden; sicherheitshalber habe ich mir aber doch noch, als Reserve, meinen Celestron-Newton mitgenommen. Man weiß ja nie!
Aufbau – noch ohne Joachim
Das Aufbauen verlief zügig. Die Zeit bis zum Erscheinen des Polsterns überbrückte ich mit weiteren Vorbereitungen betreffend: Verpflegung, Tisch, Campingsitz, Kamera-Setup usw.
Kurz darauf kam Joachim vorbei; allerdings noch ohne Equipment. Er wollte prüfen, ob es hier eine Geruchsbelästigung gibt, denn 1-2 Tage vorher wurde auf den angrenzenden Feldern Gülle ausgebracht. Aber davon war nichts zu merken; offenbar wurde das Zeug geruchslos ins Erdreich gespritzt – zum Glück für uns! Er drehte also wieder um, aber nur, um sein Equipment zu holen.
Derweil war ich mit dem Ausjustieren des Teleskops, dem Kollimieren, Einstellen des Suchers und kurz darauf mit dem Einnorden beschäftigt, da nun der Polstern am Himmel zu sehen war. Hilfreich zum groben Einnorden sind auf jeden Fall die rot gezogenen Linienstriche auf den Astroplattformen.
Lediglich Stern Kochab, der ebenfalls für das Einnorden benötigt wird, ließ sich mit seinem Erscheinen noch etwas Zeit. Dann aber entdeckte ich ihn auf etwa 5-Uhr-Position zu Polaris und konnte mit meinem Polsucher die Einnordung vornehmen. Wie sich später herausstellen würde, sogar ziemlich genau!
Joachim kommt zurück mit Equipment & Kalibration des Teleskops
Nun waren bereits reichlich Sterne zu sehen, so dass ich mit der Kalibration des Teleskops beginnen konnte – ein Zwei-Sterne-Alignment mit vier zusätzlichen Referenzsternen. Für astrofotografische Ausnahmen sollte man unbedingt das komplette Alignment durchlaufen!
Die Kalibration, zu der verschiedene vom Handcontrol vorgegebene Sterne angefahren werden müssen, verlief erstaunlicherweise ebenfalls reibungslos. Als ich damit fertig war, kam Joachim zurück und fing an, aus seinem Fahrradanhänger sein Equipment herauszuholen und auf der westlich gelegenen Beobachtungsplattform aufzubauen. Das Einnorden war bei ihm nicht mehr so einfach, da um den Himmelspol bereits viele Sterne zu sehen waren und wir den ‚richtigen‘ im Polsucher treffen mussten. Aber schlussendlich klappte es!
Den letzten Stern, den ich für die Kalibration anfuhr, war Regulus im Löwen. Diesen wollte ich auch nutzen, um meine Kamera, eine Canon 700DA, die ich im Jahr zuvor auf dem Sierksrader Flohmarkt erstanden hatte, einzustellen. Aber wie ich mir schon dachte, kam man damit nicht in den Fokus. Das war aber kein Killerkriterium für den Meade Schmidt-Newton; denn ich brauchte nur die für das Okular notwendige Verlängerungshülse abschrauben und dann meine Kamera auf den so verkürzten Okularauszug aufzustecken. Und siehe da: Ein sauberer Fokus! Regulus war nun in der Live-Vorschau der Kamera messerscharf einzustellen – nicht ganz einfach und exakt, da ich keine Okular-Feineinstellung hatte, aber das kannte ich bereits von meinem kleinen Celestron. Kein Problem.
DeepSky-Fotosafari ohne Autoguiding
Das erste DeepSky-Objekt, was ich mir vorgenommen hatte, war Thors Helm (NGC 2359) im Sternbild Großer Hund. Um diese Zeit stand es noch auf der Osthälfte des Himmels. Mit Hilfe des Goto-Menüs im Handcontrol konnte ich die Montierung über das Menü ‚Präzises Goto‘ zunächst automatisch einen hellen Stern in der Nähe des Zielobjektes anfahren lassen, um dann in aller Ruhe möglichst exakt zu fokussieren. Nach Drücken der ENTER-Taste wurde das Teleskop schließlich auf NGC 2359 ausgerichtet. Als ich mich um das Autoguiding kümmern wollte, fiel mir auf, dass die Schiene des Sucher-Fernrohrs inkompatibel mit dem Schuh meines Autoguiding-Fernrohrs war. Damit hatte ich nicht gerechnet; ich habe ja extra meine Celestron-Montierung benutzt, die über einen Autoguiding-Anschluss verfügt. Seis drum – so musste ich ohne Autoguiding auskommen. Und das begrenzt normalerweise die Belichtungszeit!
Andererseits macht es das Fotografieren auch einfacher und entspannter, da viel weniger Technik im Spiel ist, die manchmal ihr unerklärliches Eigenleben führen kann…
Überraschung!
Ich rechnete mit 30s maximaler Belichtungszeit pro Lightframe (Einzelfoto), bevor die Sterne bei 750 mm Brennweite sichtbar zu Strichen verzogen würden. Also den Fernauslöser auf 30 Sekunden und für ein Einzelbild programmiert – und los!
Was ich sah, war ein wenig Lichtverschmutzung auf dem 30-Sekunden-Testbild und was ich nicht sah, war NGC 2359. Keine Spur. War das Teleskop richtig eingestellt? Zumindest waren die Sterne bei dieser Belichtungszeit noch rund. Um Klarheit zu bekommen, stellte ich nun den Fernauslöser auf 2 Minuten und 30 Sekunden Belichtungszeit, jetzt sollte sich doch im Ansatz dieser Nebel zeigen?
Also nochmal: Los!
In der Erwartung langgezogener Sternenstriche schaute ich auf die Bildvorschau der Kamera. Was im Zentralbereich des Bildes zu sehen war, war tatsächlich ein ganz schwach bläulich schimmernder Nebel. Er war es – NGC 2359. Aber was mich nun wirklich fast von den Socken riss, waren fast runde Sterne auf dem 2.5 Minuten Einzelbild. Wahnsinn! Und das ohne Autoguiding! Natürlich waren die Sterne im Zoom nicht komplett rund sondern etwas eierig; also stellte ich die Belichtungszeit meines Fernauslösers zurück auf 2 Minuten. Und für zwanzig Mal. Das sollte für eine Lightframe-Serie reichen; bis dahin müsste auch die parallaktische Montierung auch fast den Endanschlag im Meridian (Südsichtstellung) erreicht haben.
In der Zwischenzeit haben Joachim und ich Kekse gemampft Tee getrunken und sein heutiges Projekt begutachtet: Die erste Aufnahme seines eigenen Orionnebels mit der neuen Kamera und dem Skywatcher-Newton bei 750 mm Brennweite. Nachdem wir uns mit der Bedienung seiner Kamera eine zeitlang herumgeschlagen haben, zeitigten sich die ersten Ergebnisse: Wirklich wunderschöne Bilder!
In der Zwischenzeit schaute ich immer bei meinem Schmidt-Newton nach dem Rechten. Es war alles ok, aber irgendwann näherte sich das Objekt der Südstellung und die Belichtungsserie musste beendet werden, da die Optik sonst mit dem Gehäuse der Montierung ins Gehege gekommen wäre.
Ich nehme das immer zum Anlass, mir ein neues Objekt zu suchen. Nach einigem Überlegen kam mir etwas ziemlich Exotisches vom letzten Astrokurs in den Sinn: Der Einzelstern T-Tauri mit dem Nebel NGC 1555. Mir war zwar klar, dass das bei 750 mm Brennweite und der vorhandenen Lichtverschmutzung kein besonders spektakuläres Bild abgeben würde, aber ich wollte unbedingt mal ein Stern fotografieren, der seine Energie nicht aus Kernfusion bezieht, sondern (aufgrund seines jungen Alters von wenigen Millionen Jahren) noch von gravitativer Kontraktion! Und der zugehörige Nebel NGC 1555 zeugt von dieser stürmischen Entwicklungsphase. Wie der Name des Sterns schon verrät, steht er im Sternbild Stier, welches sich schon recht weit im Abstieg auf der westlichen Himmelshälfte befand. Mit letzter Kraft schleppte meine Montierung (die Akkus haben die besten Tage schon lange hinter sich!) das Teleskop auf Position. Nochmals mit dem ‚Präzisen Goto‘ die Fokussierung gecheckt und ab ging es mit wieder 20 Einzelframes!
Die Belichtung von T-Tauri verlief reibungslos; auch hier waren ohne Autoguiding nach 2 Minuten Belichtungszeit pro Bild keine großen Sternstrichspuren auszumachen. Wiedermal Schwein gehabt!
In der Zwischenzeit hielten Joachim und ich immer mal wieder Ausschau nach dem auto-großen Batteriepack der ISS, das uns laut Medienberichten in dieser Nacht unweigerlich auf dem Kopf fallen sollte. Aber nichts dergleichen geschah. Nicht einmal eine Leuchtspur am südlichen Himmelsausschnitt. Wie sich später herausstellte ist es über dem Nordatlantik verglüht.
Finish!
Nachdem unsere Aufnahmen gegen 22:30 Uhr im ‚Kasten‘ und die Darks in Arbeit waren, konnten wir die Montierung abschalten noch einige Himmelsobjekte mit dem Schmidt-Newton manuell bzw. visuell besuchen: Den Orionnebel, die Prasepe im Krebs, h & chi im Perseus und das Mehrfach-Sternsystem Mizar A+B + Alkor im Großen Bären. Die Optik des Meade Schmidt-Newton ist wirklich großartig!
Gegen 22:45 waren wir fertig und packten zusammen; Joachim verließ die Site dann gegen 23:00 und ich musste noch auf meine letzten Darks warten, bevor ich mich in den Wagen setzte und ab nach Hause fuhr. Dort erwartete mich das Entpacken und Wegsortieren des Equipments… Aber das Beobachten am Astroplatz bei Sierksrade war alle Mühen wert und hatte wieder eine Menge Spaß gemacht. Und nebenbei eine Menge Bilder produziert, die man am nächsten Tag möglichst frisch verarbeiten muss!