Auch am 10. und letzten Kurstag hatten wir ein volles Programm. Denn es standen die Entfernungsmessungen zu verschieden weit entfernten astronomischen Objekten im Vordergrund. Danach gab es noch das Sternbild der Woche, welches die Teilnehmer und ihre Gäste ziemlich schnell errateten und schließlich – als finale Entspannung – die obligatorische Astro-Slideshow aller Bilder, die während der Kurszeit aufgenommen wurden.
Entfernungsbestimmungen
Es gibt viele verschiede Möglichkeiten, die Entfernung zu astronomischen Objekten zu bestimmen. Sie beruhen auf unterschiedlichen Verfahren und können auch nur bei bestimmten Entfernungen angewendet werden.
Geometrische Verfahren – Lang‘ lebe die Trigonometrie!
Geometrische Verfahren können für die Entfernungsbetimmungen von Mond, Sonne und näheren Sternen angewendet werden. So macht man sich beim Mond die leicht unterschiedliche gemessene Mondposition zu Nutze, die von zwei Beobachtern gemessen wird, die sich in unterschiedlichen geografischen Breiten befinden. Sie sehen nämlich den Mond unter leicht unterschiedlichen Blickwinkeln. Auf Basis dieser Winkeldifferenz, dem Erdradius und trignonometrischen Funktionen kann man dann auf den Abstand zwischen Erde und Mond zurückrechnen.
Ganz ähnlich verhält es sich mit der Bestimmung des Erdabstands von der Sonne mit Hilfe geometrischer Verfahren. Der griechische Philosoph Aristarch von Samos hat es bereits angewendet, um den Abstand der Erde von der Sonne abzuschätzen. Basis dieser Berechnung ist der Winkelunterschied des exakten Zeitpunkts des zunehmenden Halbmondes. Denn zu diesem Zeitpunkt würden Erde und Mond nur dann absolut gleichzeitig halb beleuchtet, wenn die Sonne unendlich weit weg wäre; d.h. ihre Strahlen parallel auf Erde und Mond träfen. Durch ihre endliche Entfernung jedoch wird die Sonne zum exakten Zeitpunkt des Halbmondes nicht unter einem Winkel von 90 Grad gesehen, sondern unter einem etwas kleineren Winkel. Aus dieser kleinen Winkeldifferenz lässt sich dann über eine trigonometrische Funktion und dem Abstand des Mondes von der Erde auf den Abstand Erde – Sonne zurückschließen.
Um nun innerhalb unseres Sonnensystems (gilt im Prinzip auch für jedes andere ähnlich aufgebaute Sternen- oder Planetensystem!) auf die Abstände der anderen Planeten zu Sonne zu schließen, bedient man sich des sog. 3. Keplerschen Gesetzes. Es bringt nämlich die Abstände der Planeten (genauer gesagt ihre großen Halbachsen) zur Sonne in direktem Zusammenhang zu ihren Umlaufzeiten! Kennt man den Sonnenabstand und die Umlaufzeit eines einzigen Planeten (hier unsere Erde), so kann man über die Messung der Umlaufzeit eines anderen Planeten auf seinen Abstand zur Sonne schließen.
Parallaxen
Wenn es um die geometrischen Bestimmung des Abstandes naher Sterne zur Sonne geht, benötigen wir neben Beobachtungswinkeln eine sehr viel längere uns bekannte Grundlänge. Bei der trigonometrischen Parallaxe wird hierzu der Durchmesser der Erdbahn um die Sonne zugrunde gelegt. Denn beobachtet man einen uns nahen Stern vor dem ‚unendlich‘ weit entfernten Sternenhintergrundteppich, so stellen wir fest, dass wir den Stern in der Erdbahn-Winterposition von einem anderen Winkel sehen als ein halbes Jahr später in der Erdbahn-Sommerposition. Nahe Sterne beschreiben also im Laufe des Jahres kleine Ellipsen vor dem fernen Sternenhintergrund. Die Winkeldurchmesser dieser Ellipsen sind umso größer, je geringer der Abstand des Sterns zur Sonne ist. Es kann – wiederum mit Hilfe trigonometrischer Funktionen und auf Grundlage des Bahndurchmessers, den die Erde um die Sonne beschreibt, auf die Entfernung des Sterns zurückgeschlossen werden. Da jedoch auch die dichtesten Sterne zu uns im Vergleich zum Erdbahndurchmesser sehr, sehr weit entfernt sind, sind die gemessenen Winkel ebenfalls winzig, i.a. weit weniger als 1 Bogensekunde. Man braucht also ein sehr genaues Messequipment!
Ähnliche geometrische Parallaxenverfahren wie oben kann man auch bei den Fluchtbewegungen anwenden, die Sternhaufen gegenüber unserer Sonne haben. Hier misst man deren Eigenbewegung gegen über einem perspektivischen Fluchtpunkt vor dem unendlich weit entfernten Sternenhintergrund. Dieses Verfahren wird auch Sternstrom-Parallaxe genannt. Auch hier hat man es mit ausserordentlich kleinen Winkeln zu tun.
Bestimmung der Entfernung über die tatsächliche, echte Leuchtkraft
Eine weitere Methode, auf den Abstand von leuchtenden astronomischen Objekten zu schließen ist die Kenntnis über deren absolute Strahlungsleistung; d.h. mit wieviel Megawatt die Strahlungsenergie ins Weltall abgestrahlt wird. Denn wie wir eine helle astronomische Strahlungsquelle auf der Erde wahrnehmen, hängt mit deren Enfernung zu uns zusammen. Je weiter weg, desto dunkler erscheint ein Stern. Dahinter steckt ein Strahlungsgesetz, dass die Helligkeit eines Sterns mit seiner Entfernung quadratisch abfallen lässt.
Misst man also seine Helligkeit, mit der er uns scheint und wissen wir gleichzeitig seine wahre, echte Helligkeit, mit der er seine Energie abstrahlt, so können wir direkt auf seine Entfernung schließen.
Um nach diesen Verfahren arbeiten zu können, kann man zu allen Sternen, für die man über das o.g. Parallaxenverfahren ihre Entfernung kennt, umgekehrt auf ihre echte Strahlungsleistung zurückrechnen. Wenn man nun zusätzlich die Spektren dieser Sterne, also die Zusammensetzung des Lichtes dieser Sterne misst, kann man einen direkten Zusammenhang herstellen zwischen der Form des Sternenspektrums und seiner absoluten Helligkeit. Über die bei uns sichtbare Helligkeit lässt sich wiederum die Entfernung des Sterns bestimmen. Das Verfahren, bei dem man über des Spektrum des Sternenlichts auf seinen Abstand schließen kann, wird auch spektroskopische Parallaxe genannt.
Schwabbelsterne
Die spektroskopische Parallaxe setzt voraus, dass man in der Lage ist, das Sternenlicht sehr genau in seine Bestandteile zu zerlegen. Dies ist jedoch nicht immer der Fall, wenn die Sterne sehr weit entfernt und nicht mehr als solche in Fernrohren aufgelöst werden können. Hier muss man eine andere Methode anwenden, um Informationen über die tatsächliche Leuchtkraft von Sternen zu erhalten.
Eine solche Chance bieten die sogenannten Delta-Cepheiden-Sterne. Bei ihnen handelt es sich um pulsierend veränderliche Sterne, die in schöner Regelmäßigkeit ihre absolute Helligkeit wechseln. Bereits 1912 hat die Astrophysikerin Henrietta Leavitt herausgefunden, dass die absolute Leuchtkraft eines solchen Delta-Cepheiden umso größer ist, je langsamer die Leuchkraftänderung erfolgt. Misst man also die Periode, in der ein Delta-Cepheide seine Helligkeit wechselt, kann man direkt auf seine absolute Helligkeit schließen. Da man auch seine scheinbare, viel kleinere, Helligkeit kennt, unter der wir auf der Erde diesen Delta-Cepheiden wahrnehmen, können wir wieder auf seine Entfernung schließen!
Bei Delta-Cepheiden-Sternen benötigt man also kein genaues Spektrum, sondern nur seine Helligkeitsschwankungen. Derartige Messungen kann man sogar an Sternen in nahen Galaxien durchführen, wenn man in der Lage ist, mit leistungsfähigen Teleskopen eine Galaxie in Einzelsterne aufzulösen! Daher ist diese Methode geeiget, auch die Entfernungen zu uns nahe stehenden Galaxien zu bestimmen; etwa die Entfernung zur Andromeda-Galaxie (ca. 2.5 Mio. Lichtjahre).
Möchte man jedoch noch weiter ins All hinausschauen und auch die Entfernung von weit entfernten Galaxien zu bestimmen, kommt man selbst mit den Delta-Cepheiden nicht weiter, da weit entfernte Galaxien selbst mit Hochleistungsteleskopen nicht mehr in Einzelsterne auflösbar sind. Man muss also wieder nach Alternativen suchen.
Doch das Prinzip der Entfernungsbestimmung aufgrund des Wissens über die wahre Helligkeit eines astronomsichen Objekts hilft auch hier weiter…
Bumm!
Das Problem ist mit diesem Verfahren gelöst, wenn man ein astronomisches Objekt findet, welches Teil dieser weit entfernten Galaxie ist. So ein Objekt kann aber nur für uns sichtbar sein, wenn es, zumindest für einen kleinen Zeitraum, so hell strahlt wie die Galaxie selbst, in der es sich befindet.
Und solche Objekte gibt es tatsächlich. Es handlt sich um sogenannte Supernova-Explosionen des Typ Ia. Das Ereignis wird ausgelöst von einem Weißen Zwerg, einer Sternenleiche, die einen nahen Begleitstern umkreist. Dieses Sternsystem ist zunächst für uns noch nicht sichtbar. In einigen dieser Systeme saugt der Weiße Zwerg permanent Materie von seinem Begleitstern ab. Das geht jedoch nicht lange gut, denn durch den beständigen Massezuwachs steigt der Druck im Inneren des Weißen Zwerges immer weiter an, bis eine kritische Grenzmasse erreicht ist. Dann kollabiert dieser Weiße Zwerg in einer gigantischen Explosion – einer Supernova des Typus Ia, wie die Astronomen sagen. Diese Art von Explosion ist erstens so hell wie die gesamte Galaxie, kann also von uns gesehen werden, und hat zweitens immer die gleiche absolute Helligkeit!
Legt man nun die scheinbare Hellligkeit zugrunde, mit der man sie auf der Erde entdeckt hat, kann man wieder direkt auf die Entfernung zu dieser Galaxie schließen.
Weit, weit hinaus mit dem Hubble-Gesetz
Zum Schluss ist noch ein weiteres Entfernungsbestimmungverfahren zu erwähnen, welches auf extrem weit entfernte Galaxien angewendet werden kann. Es beruht auf der Tatsache, dass unser Universium ständig expandiert. Alle Galaxien entfernen sich voneinander, da der Raum zwischen ihnen immer mehr anwächst. Je weiter eine Galaxie von uns entfernt ist, desto schneller bewegt sie sich von uns weg. Diese Bewegung lässt sich im Spektrum des Lichtes dieser Galaxien beobachten; es ist umso stärker ins Rote verschoben, je schneller sich die Galaxie von uns weg bewegt. Das physikalische Gestetz dahinter ist das Hubble-Gesetz, das einen direkten, linearen Zusammenhang herstellt zwischen der Ausprägung der Rotverschiebung und der Entfernung. Untersucht man also das Licht sehr weit entfernter Galaxien und misst darin den Grad der Rotverschiebung, so kann man über das Hubblegesetz direkt auf die Entfernung (die Lichtlaufzeit in diesem Fall) schließen.