Nachdem die letzten Reste der Wintersternbilder verschwunden sind, öffnet sich der Himmel für die großen Weiten des Weltalls. Ohne den Staub unserer Milchstraße behindert, können wir zu dieser Jahreszeit Millionen von Lichtjahren zu fremden Welteninseln hinaus schauen. Doch auch in unserer allernächsten Nachbarschaft wird sich in diesem Monat, und zwar am 16. Mai, ein besonderes Schauspiel abspielen. Welches? Lest selbst!
DeepSky
Gegen 23:00 MESZ ist es noch dunkel genug, einen Blick nach Süden an den Sternenhimmel zu riskieren. Dort befindet sich direkt in südlicher Richtung gelegen das Sternbild Jungfrau mit ihrem weißlich scheinenden Hauptstern Spica. Oberhalb der Jungfrau in Richtung Zenit steht das Haar der Berenike; es ist ein unscheinbares Sternbild, welches aus nur drei Sternen besteht, die einen rechten Winkel formen. Und unterhalb der Jungfrau in Richtung Südwesthorizont befindet sich ein weiteres, weniger bekanntes Sternbild: der Rabe. Alle drei Sternbilder haben eines gemeinsam: Ihre hohe Anzahl an Galaxien, wobei einige von Ihnen bereits mit mittleren Teleskopen beobachtet weerden können. Ihre Entfernungen variieren erheblich: Während die Sobrerogalaxie M104 im Sternbild Jungfrau etwa 30 Millionen Jahre entfernt ist, beträgt die Distanz zu M87, der Zentralgalaxie des berühmten Virgohaufens, ca. 54 Millionen Lichtjahre.
Viel weiter weg ist der Coma-Galaxienhaufen im Sternbild Haar der Berenike. Das Licht seiner Galaxien war mehr als 300 Millionen Jahre zu uns unterwegs. Und im Raben gibt es ein weiteres interessantes Galaxienpärchen, die sog. Antennengalaxien. Diese interagierenden Welteninseln NGC 4038 und NGC 4039 mit ihren tentakelartigen, gewaltigen Sternen-Gezeitenströmen sind von uns ca. 36 Millionen Lichtjahre entfernt.
Weiter östlich sind weitere typische Frühlingssternbilder aufgegangen: Der Bärenhüter mit seinem orangenen Hauptstern Arktur, die nördliche Krone und schließlich das Sternbild des Herkules.
Planeten
Wer mehrere Planeten in einer Himmelsecke versammelt sehen möchte, muss im wahrsten Sinne des Wortes früh aufstehen. Denn gegen 04:00 MESZ erklimmen die Planeten Saturn, dann Mars, dann Neptun und schließlich Vebus und Jupiter die südöstliche Horizontlinie. Die beiden letztgenannten stehen am Monatsanfang extrem dicht zusammen! Während man zur Beobachtung von Neptun ein Fernglas oder besser noch ein Fernrohr benötigt, reicht für die anderen Planeten das bloße Auge. Lediglich Jupiter ist (noch) schwierig zu beobachten, da er erst zur einsetzenden Morgendämmerung über den Horizont aufsteigt.
Kometen
Auch im Mai 2022 sind keine Kometen mit freiem Auge zu beobachten. Kometenjäger sind für ihre Beobachtung auf lichtstarke Fernrohre oder auf fotografische Langzeitbelichtungen angewiesen. Die Kometenauswahl beschränkt sich wie üblich auf diejenigen Kometen, die zur ersten oder zweiten Nachthälfte am Himmel stehen – exkulsive der nördlichen Richtung, da hier bereits die Mitternachtsdämmerung einsetzt.
Zwischen den Sternbildern Adler und Schlangenträger steht südwestlich von ζ Aqr zur Monatsmitte Komet C/2017 K2 (PANSTARRS). Er erreicht eine Helligkeit von ca. 11.7.
Vor den vorderen Kastensternen des Großen Bärens kann Komet C/2020 V2 (ZTF) beobachtet werden. Seine Helligkeit beträgt ca. 14.31 mag – ist also recht lichtschwach.
Noch etwas schwächer ist Komet C/2020 J1 (SONEAR) im Sternbild Haar der Berenike zu beobachten. Seine scheinbare Helligkeit beträgt ca. 16.3 mag.
Meteorschauer
Den gesamten Mai hindurch können die Mai (oder Eta-) Aquariden beobachtet werden. Sie haben ihren Ausstrahlungspunkt im Sternbild Wassermann. Im Maximum am 22. Mai können mehr als 60 Meteore pro Stunde beobachtet werden. In Mitteleuropa sind sie aufgrund der Südhorizontnähe eher unauffällig.
Zwischen dem 3. und 14. Mai erhellen erneut Sternschnuppen das Sternbild Leier. Es handelt sich dabei um die Eta-Lyriden. Sie sind nicht so stark ausgeprägt wie die Lyriden des Vormonats; am Maximum des 8. Mai erreichen sie Fallraten von nur ca. 5 Meteoren pro Stunde.
Im Jahre 1995 zerbröselte Komet Schwassmann-Wachmann 3 und hinterließ als Andenken den Meteorenstrom der Tau-Herkuliden. Sie treten am Monatsletzten gehäuft auf; es könnten dabei sehr hohe Fallraten vor dem nördlichen Bereich des Sternbilds Herkules auftreten.
Ein weiterer, weit südlich stehender Meteorenstrom, der im Mai beobachtet werden kann, sind die Scorpius-Sagittarius-Meteore. Das Maximum wird zwar am 20. Mai erreicht; allerdings sind auch sie – ähnlich wie die Eta-Aquariden – aufgrund der Nähe zum Südhorizont von Mitteleuropa aus wenig spektakulär.
Sonne und Mond
Sonnenaufgang ist am 15. Mai gegen 05:15 MESZ, Sonnenuntergang gegen 21:10. Die Sonne steht an diesem Tag im Sternbild Stier. Der Sonnenmeridian durchläuft die Sternbilder Giraffe, Perseus, Stier und Eridanus.
Vollmond ist am Montag, den 16. Mai im Sternbild Waage. Es ereignet sich in den frühen Morgenstunden eine totale Mondfinsternis – der Mond durchläuft komplett den Kernschatten der Erde! Beginn der Verfinsterung ist gegen 3:30 MESZ. Die Totalität wird gegen 5:30 erreicht, die Mondfinsternis endet dann gegen 8:50 Uhr MESZ.
Wermuthstropfen: Von Mitteleuropa aus gesehen ist nur die erste Hälfte der Mondfinsternis bis kurz vor Beginn der Totalität zu sehen, da gegen 05:25 der Mond am Westhorizont untergeht.
Am Montag, den 30. Mai ist schließlich Neumond. Der Mond steht dabei am Tageshimmel auf Höhe der Sonne im Sternbild Stier. Seine uns ständig abgewandte Rückseite ist nun voll beleuchtet und die uns zugewandte Seite steht im Dunkeln.