Am sechsten Kurstag beschäftigten wir uns mit dem Teleskoptypen, den wir bisher ausgespart hatten: Das Linsenteleskop, oder auch Refraktor genannt – und warum gute Refraktoren sehr teuer sein können!
Gleichberechtigung muss sein. Das gilt auch bei Spiegel- und Linsenteleskopen. Beide Typen haben ihre Vor- und Nachteile – und Alleinstellungsmerkmale. Da wir am 4. Kurstag die unterschiedlichen Typen von Spiegelteleskopen thematisiert hatten, kamen nun die Linsenteleskope zum Zuge.
Der Namensgeber – die Brechung
Das Snelliussche Brechungsgesetz steht hinter der Funktionsweise aller Refraktoren. Es besagt, dass eine Richtungsänderung eines Lichtstrahls auftritt, wenn es von einem Medium mit dem Brechungsindex n1 in ein anderes Medium mit dem Brechungsindex n2 gelangt. Ursache dafür ist die veränderte Phasengeschwindigkeit des Lichts in dem jeweils anderem Medium.
Beim Übergang in ein optisch dichteres Medium wird dabei das einfallende Licht zum Einfallslot hin gebrochen, beim Übergang in ein dünneres Medium hingegen vom Lot weg.
Veredelte Linsen
Die Objektive von astronomischen Teleskopen bestehen aus komplexen, zusammengesetzten Linsensystemen, die aus verkitteten Sammel- und Zerstreuungslinsen aus unterschiedlichen Glassorten bestehen. Diese dienen dazu, den inhärenten Fehler der chromatischen Aberration, die auf der Dispersion von Licht unterschiedlicher Wellenlänge zurückgeht, auszugleichen. Denn Licht wird in Abhängigkeit von Wellenlänge unterschiedlich stark gebrochen – wie wir es ja von einem Prisma her kennen, welches weißes Licht in seine Spektralfarben violett, blau, grün, gelb und rot zerlegen kann. Übrigens liegt der Wellenlängenbereich für sichtbares Licht zwischen 380 Nanometern (violett) und 780 Nanometern (rot), wobei 1 Nanometer (nm) gleich 10-9 m ist oder 10-6 mm oder 0.000001 mm ist.
Teleskope, bei denen die zwei Lichtfarben mit den stärksten Abweichungen zum gewünschten Brennpunkt korrigiert sind, werden Achromaten genannt. Sind sind heute in den meisten Refraktoren der Einsteigerklasse verbaut.
Apochromaten hingegen sind Teleskope, bei denen durch geeignete Linsensysteme tatsächlich alle Lichtfarben auf einen Brennpunkt gebündelt werden können.
Wie man sich leicht vorstellen kann, zählen daher die Apochromaten zu den teuersten Teleskopen mit den komplexesten Objektiven.
Als weitere Möglichkeit, oder in Kombination, wird bei der Auswahl des Linsenmaterials häufig auf z.B. Flourglas zurückgegriffen. Hier ist der Dispersionseffekt sehr gering ausgebildet. Diese Linsen werden auch als ED-Linsen bezeichnet (von Extra[-Low]-Dispersion). Natürlich sind auch diese sehr kostspielig.
Was denn nun? Spiegel? oder Linse?
Man könnte meinen, dass Spiegelteleskope (Reflektoren), bei denen naturgemäß keine chromatische Aberration auftritt, im Amateurbereich die ‚Gewinner‘ wären. Aber auch sie haben gegenüber Linsenteleskopen einen nicht zu vernachlässigenden Nachteil. Denn der Fangspiegel der Reflektoren (und bei einigen Typen auch seine Aufhängung) sorgen für eine Abschattung der Teleskopöffnung (Obstruktion) und zusätzlich für Beugungseffekte, die wiederum bei Linsenteleskopen in dieser Form nicht auftauchen(*). Diese Effekte können daher bei Spiegelteleskopen, je nach Bauart, zu verminderten Abbildungseigenschaften beitragen.
Wie man sieht, ist die Verwendung von Spiegel- oder Linsenteleskopen eher eine Weltanschauungsfrage. Wer das nötige Kleingeld mitbringt, für den ist die besondere Abbildungsqualität und Robustheit eines Apochromaten durch nichts zu ersetzen. Wer jedoch den Geldbeutel schonen möchte, etwas handwerkliches Geschick beim Kollimieren mitbringt und mit (zumeist geringfügigen) Abschattungs- und Beugungseffekten leben kann, für den ist vielleicht das Spiegelteleskop, von denen, wie wir wissen, es ja einen ganzen Zoo gibt, die bessere Wahl.
(*) Tatsächlich ist die Abbildung von Sternen, also exakt punktförmigen Lichtquellen, ausschließlich auf Beugungseffekte der Teleskopöffnung zurückzuführen!